Zugspitz-DT-Gold-Edition 2016

Unser OSHCDT = Oldstyle hardcore dogtrekking über 67 km mit 5100 Hm = 102,7 Leistungs-km*

Meinen Bericht des vorjährigen Zugspitz-Dogtrekkings endete mit dem wehmütigen Vorsatz, daß es – zumindest für Sheyenne – das letzte Dogtrekking gewesen sein sollte. Natürlich hatte ich aus Ge- wohnheit die für uns wann immer machbare Durchlaufvariante im Sinn, ehrlich! Von den in Erwägung gezogenen Strategien „nur mit Sannerk möglichst durchlaufen“ und „mit beiden Hunden biwakieren“ fiel die Entscheidung dank Sheyennes Fitness leicht: Diesmal sollte die Bewältigung der härtesten Dogtrekking-Strecke im „old style“ stattfinden – also mit Biwak, das heißt mit mehr Pausenzeiten aber auch mit mehr Gepäck. Der Wintereinbruch mit Schnee bis 1700 m in der Woche vor dem Start ließ die Ausrüstung nicht nur um Schlaf- und Biwaksack sowie Unterlagsmatte, sondern auch um warmes Ge- wand und die Bergschuhe anwachsen, das waren letztendlich unge- wohnte 14 Kilogramm am Rücken.

 

Es kommt ja so oft anders als geplant, und so saßen wir folgerichtig nicht nach dem Zieleinlauf, sondern bereits vor dem Start mit Pizza beisammen. „Klamm“heimlich reduzierte sich bis zum geplanten Start um Mitternacht die verbleibende Schlafenszeit und es blieb uns – bes- ser als nichts – gerade noch eine Stunde. Bernd schlüpfte bereits voll adjustiert in seinen Schlafsack und wollte mich sicherheitshalber wek- ken. Das war aber gar nicht nötig, im Zelt hinter mit telefonierte je- mand gefühlte Stunden, später wurde irgendwo geschnarcht und ge- rade beim Hinübergleiten ins Träumeland wurde ich jeweils von einer funktionierenden Autohupe, einer angesprungenen Autoalarmanlage sowie Hundegebell davon abgehalten …

 

00:06 Uhr: Mit Bella-Martina, Hike-Mirjam, Bibi-Tanja und Kasimir- Bernd gingen wir auf die Strecke. Noch in Grainau übte ich zur Si- cherheit mit meinen beiden Pelzen „Rucksack bewachen“ – ich mußte zurück, um einen ersten Blick auf die noch im Auto befindlichen Kar- tenausdrucke werfen und gegen Mirjams zurückgebrachte rote Zweit- regenjacke eintauschen zu können …

00:21 Uhr: Restart. Ohne Rucksack war die Angelegenheit im locke- ren Laufschritt erledigt, doch meine Weggefähren waren natürlich im wahrsten Sinne des Wortes über alle Häuser. Bis Hammersbach noch im Joggingtempo, wechselte ich mit dem Eintritt ins Höllental in einen stockunterstützten Marschschritt. Erstaunlich trockenen Fußes kam ich durch die Höllentalklamm, doch sonst entkam ich nur mehrmals geduscht. Wir passierten die markanten Punkte der bekannten Strek- ke einen nach dem anderen subjektiv geradezu im Eiltempo, obwohl wir im Vorjahr sicher schneller unterwegs waren: Höllentalangerhütte, im Vorjahr noch eine Baustelle, Knappenhäuser, Hupfleitenjoch,

03:34 Uhr: Kontrollpunkt 1 auf der Hochalm, Bernardeinwände und -steig, um

05:34 Uhr: Kontrollpunkt 2 vor der Bockhütte … die Stirnlampe war da bereits nicht mehr nötig.

06:50 Uhr: In und vor der Reintalangerhütte regte sich bereits Leben, einträchtig bogen Sheyenne und Sannerk zur ersten Pause ab, doch eine Aufforderung von mir ließ sie die alte Richtung wieder einschla- gen. Meine braven Hundsis! :) Der Pausenplatz vom Vorjahr wurde ebenfalls angesteuert, doch es war heuer angenehm kühl und wir marschierten ohne Diskussion weiter.

 08:19 Uhr: Ohne Hitzeschlacht, wie im Vorjahr, erreichten wir heuer nach ziemlich genau acht Stunden und den ersten Schafbegegnungen nach den kompakten 680 Höhenmetern die Knorrhütte auf 2051 m, wo wir endlich unsere bereits traditionelle (Knorrhütten-)Pause ein- legten.

Zweimal Häferlkaffee zu Kuchen, Hundekraulen, relaxen … Nach ein- einhalb Stunden war ich mit geschnürten Bergschuhen zum Aufbruch bereit, um am 3. Kontrollpunkt die Seite 42 aus einem Buch zu ent- fernen. Meine Hunde blickten zu mir hoch, ließen sich kraulen und rollten sich wieder ein.

09:56 Uhr: Gut, so brach ich eben alleine in den Schnee auf und gön- nte ihnen eine längere Pause. Dabei hätte ich mir das für die beiden als Highlight vorgestellt ... Erstaunlicherweise begegneten mir bald Martina, Tanja und Bernd mit ihren Hunden, ich hätte sie schon viel weiter vor mir erwartet.

11:25 – 11:50 Uhr: Vom Durst in das Restaurant Sonnalpin getrie- ben, hydrierte ich mich vor dem Aufstieg zum höchsten Punkt des Tages, den Checkpoint 3, denn die nebelige Wolkendecke vereitelte ein Fernblick-Bier im Münchnerhaus neben dem Gipfelkreuz ohnehin. Durch die Schneelage gestaltete sich der Anstieg deutlich angeneh- mer als über das Geröllfeld, lud seiner Steigung wegen aber trotzdem zu diversen „Photopausen“ – sprich: Verschnaufpausen – ein …

12:23 Uhr: Der Kontrollpunkt 3 und höchste Punkt des Tages war er- reicht. Am Rückweg traf ich noch im Steilhang Maria, Caro, Alexander und Roland, mit dem ich mich lange gut unterhielt. Mir war geraume Zeit nicht klar, ob er ein Teilnehmer sei oder ein anderer Verrückter (er stand in kurzer Hose und nassen Laufschuhen vor mir), aber was hätte es für einen Unterschied gemacht? Sehr zufrieden mit meiner Entscheidung, meine relativ schweren Bergschuhe einzusetzen, lief ich den Weg zur Knorrhütte großteils zurück – immer wieder auch in tieferem Schnee, weil nun relativ viele Wanderer entgegen kamen.

13:29 – 13:50 Uhr: Mein Aufenthalt in der Knorrhütte wurde noch um ein Getränk mit Maria, Caro und Alexander verlängert, bevor ich Ge- fahr lief einzuschlafen (was NICHT an der Gesellschaft lag! :) ) und den Weg zum Kontrollpunkt 4 und dem Gatterl nach Tirol aufnahm. Sheyenne und Sannerk hatten zu diesem Zeitpunkt über fünf Stunden Pause genossen und waren nach einigen Metern wieder hurtig drauf.

15:14 Uhr: „Steinmännchenfriedhof“ mit Kontrollpunkt 4. Weiter über´s Gatterl, stahlseilgesicherten Steig, Murmeltierpfeifen, Gem- sen, Ehrwaldalm und dann begann für uns das Gebiet, wegen dem ich zum Campingplatz zurücklaufen mußte: unknown territory.

18:00 Uhr: Auf dem Wiesensteig Richtung Ehrwald hinunter, inner- halb kurzer Zeit, war der Ofen aus. Höllische Schmerzen der linken Zehen, die brennenden Fußsohlen sind dagegen gar nicht erwähnens- wert, aber der Vollständigkeit halber … ;) Rucksack runter und hin- gesetzt! Es wurde nicht wirklich besser, so zog ich die Bergschuhe aus und saß eine Weile da, streichelte die Hunde … stechende Nervenim- pulse ließen mich noch zwei, dreimal zusammenzucken. Wieder die- ses Ehrwald! Voriges Jahr war ich hier meinem inneren Schweinehund erlegen und hatte noch fit die Mitfahrt zum Campingplatz mit zwei DT-Abbrechern dem Trail in die Nacht vorgezogen, um auch am gesel- ligen Teil teilhaben zu können. Nein, das gibt´s doch nicht! Ich spielte einige Möglichkeiten durch und zog mir fast fremdgesteuert die naß- kalten Laufsocken an und die nassen, ebenso kalten Laufschuhe da- rüber. Ahhh, war die Kühle angenehm! Ich stand auf, ging einige Schritte und konnte es gar nicht glauben: Es war, als wäre nie etwas gewesen! Jubel!

18:30 Uhr: Rucksack rauf, Hundezugleine eingehakt und weiter ging´s! … als wäre nie etwas gewesen! :)

19:00 Uhr: Gamsalm. Mit nachgefüllten Wasserreserven ging´s nun ans Eingemachte, wir begaben uns in die Zielgerade der Gold Edition, eine schwarze Skipiste hinauf. Bernd, eigentlich mag ich Dich ja … ;)

20:16 Uhr: DIE Quelle und der unmittelbar darüber befindliche, von Bernd empfohlene Biwakplatz waren heißersehnt erreicht. Nicht, daß die „schwarze Steigung“ genug gewesen wäre … da waren auch noch die bald leer gewordene Trinkblase und der erfolgreich durch die Wol- kendecke gekämpfte Himmelsheizkörper. Beinahe hätte ich das von Felsen tropfende Wasser abgeschleckt, hätten die Karte und die erin- nerten Worte Bernds mich nicht zur Quelle noch etwas weiter oben gelockt – wo sie auch tatsächlich meine unbeirrt über Skipiste und Geröll über eine Stunde nach oben strebenden Begleiter und meinen Gaumen erlösen sollte. Gerührt und dankbar betrachtete ich meine Hunde, der magenfüllende und seelenkosende Teil des Tages folgte.

Vom 1000-Sterne-Hotel bekam ich nur kurz mitten in der Nacht et- was mit, denn ich schlief bereits vor deren Auftritt ein, mit müden Blick in den in Abendlichtwolken gekrönten Felswänden vor mir schwelgend …

04:30 Uhr: Der Wecker lärmte erstmals, aber es wurden letztlich doch an die zehn Stunden Schlaf vor dem Frühstück. Zwei zehn Meter an uns vorbeiziehende Gemsen weckten auch unsere Aufmerksamkeit und nach zwei an uns vorbeigekommenen Wandergruppen hieß es für uns um

07:20 Uhr: On the trail again! Es ist hier wirklich eine Gamsgegend, immer wieder war eine zu hören und ließ sich eine bis vier auf einem Fleck sehen. Ausgeruht und ohne Durst war das in der Morgenfrische gleich was anderes !

07:58 Uhr: Der Kontrollpunkt 5 am Gamskargrat gab mir sein Büch- lein nicht preis, so mußte er als Kulisse für ein schnelles Beweisphoto herhalten. Von nun an ging´s zum Eibsee bergab, steil und seilgesi- chert mit einem bezaubernden Moment, wie ihn nur Sheyenne (zu- mindest in meiner „Familie“) bescheren kann! Sie lief im Freilauf auf dem schmalen Steig hinter uns her, als wir an Schafen vorbeikamen. Sannerk an der Leine vor mir hätte diese schon einmal gerne ange- testet, wenigstens soetwas wie ein „HU!“ entgegengeschleudert, aber er folgte brav und ging gerade voran. Hinter uns stieg ein schwarzes Jungschaf aus dem Hang auf den Steig und versperrte Sheyenne so- mit den Weg. Ganz entspannt blieb sie stehen, das Schaf neugierig mit sanften Augen betrachtend. Als ich ihren Namen aussprach mach- te sie ein, zwei Schritte und blieb wieder stehen. Dem aufgeregten Schäfchen widmete sie durch Abwenden ihres Blicks und demonstrati- vem Schnüffeln deutliche Beruhigungssignale. Kurz darauf passierte es: Sie beschnupperten einander, ihre Nasenspitzen berührten sich! Irgendwann muß die Angst vor der eigenen Courage zu groß gewor- den sein und das Schäfchen sprang mit einem abrupten Satz wieder auf die steile Grasfläche und gab dadurch den Weg wieder frei …

Am Bergwaldrand nach den Geröllfeldern begrüßte uns eine Auerhen- ne mit ihrem Nachwuchs und ich durfte auch den größten Ameisen-haufen, den ich je gesehen habe, bestaunen.

Doch nach einem kurzen intensiven Regenschauer eine gute Stunde vor Eibsee kam auch das soziale Leben zum Zug: Mir begenete einer der wenigen Wanderer, der sich nach seinem „Bist Du einer der Dog- trekker?“ als Ultragerhard entpuppte. So ein Zufall, im Vorjahr saßen wir schon im selben Auto von Ehrwald nach Grainau :)

Nach Eibsee nahmen die Hunde meinen angetesteten Joggingschritt bereitwillig auf, den wir dann auf den letzten Kilometern trotz zuneh-mender Wärme und Luftfeuchtigkeit auch ziemlich durchziehen kon- nten und pünktlich um …

11:00 Uhr zur Siegerehrung hineinplatzten :)

Bernds Worte „die längste Zeit am Trail“ klang für mich wie ein Ge- nußprädikat, ist wie ein Mascherl (= Schleife ;) ) um das Erlebnis- paket unseres OSHCDT = Oldstyle hardcore dogtrekking um die Zug- spitze!

Danke für die Wasserschüssel und die Muskellockerung für die Hunde!

 

Ich finde es ja lustig, daß ich nun auch einmal eintreffe, während an- dere bereits abbauen ... Erinnerungen, aber das ist eine andere Geschichte ;)

P. S. 2016: Daß es die Zugspitz-Gold-Edition werden sollte, das war nicht immer so klar, aber nun ist es eine schöne Krönung des aktiv- sten Lebensabschnittes zweier pelziger Freunde geworden. Sheyenne entspricht ab November einem 68jährigen Zweibeiner und Sannerk mit Ende Juli einem 64jährigen (Altersentsprechung nach dem meines Wissens für mittelgroße Hunde gültigen Umrechnungsschema, wo- nach das erste Hundejahr für 16 Menschenjahre zählt, das zweite für acht und alle folgenden Jahre vier Menschenjahren entsprechen).

Ab 2017 könnt Ihr mich gerne festnageln, wenn wir auf Dogtrekking-distanzen gesehen werden, auch biwakierend. Maximal Hikes aber hauptsächlich Touren, Ausflüge und durch perfekte Fügung Junghun- deaufzucht werden unsere nächsten zwei Jahre füllen … aber dann sehen wir uns sicher auch wieder auf der Zugspitze!

P. P. S.: Als Sammlermuß habe ich mir ein Exemplar des Zughunde- magazins "dog & sport" mit dem Artikel "I will survive - Überlebens- tipps für Dogtrekker" mitgenommen - man will ja informiert sein, weiterlernen, eventuell nicht alle Fehler sebst machen müssen ... und was finde ich da? Sannerk und mich auf unserem ersten Dogtrekking am Dachstein 2009 :) Laßt diesen Kreisschluß bitte als Schlußwort durchgehen - ich freu mich, wenn wir uns wiedersehen!

 

 

L. S. (Letzter Senf): Jetzt schreibe ich nichts mehr, weil ich bin dann einmal weg, die Kleine abholen ...

 

 

... Anhang:

Zeit + Ort                                   Pause ich         Pause Hunde 

 

00:06   Start

00:21   Restart

03:34   CP 1 Hochalm

05:34   CP 2 Bockhütte

06:50   Angerhütte

08:19   Knorrhütte

09:56   Ab Knorrhütte                        01:37               x

11:25   Sonnalpin

11:50   Ab Sonnalpin                         00:25              

12:23   CP 3 Klettersteig

13:29   Knorrhütte

13:50   Ab Knorrhütte                        00:21               05:31

15:14   CP 4 Steinmanderlfriedhof

18:00   Wiesensteig Ehrwald

18:30   Ab Wiesensteig E.                  00:30               00:30

19:00   Gamsalm

20:16   Biwak Gamskarquelle           

 

07:20   Ab Biwak                               11:04               11:04

07:58   CP 5 Gamskargrat

11:00   Ziel

 

Gesamt 34:54 bzw. 34:39                  13:57               17:35

 

* Da wär´noch was: Lkm = Leistungskilometer berücksichtigen die Höhenmeter und geben die entsprechende Distanz im Flachland an.

Für 100 Höhenmeter bergauf addiere ich 0,7 km (Diese Berg- läuferformel erscheint mir am realistischsten. Bei einem Trail wie um die oder auf die Zugspitze könnten die Höhenmeter bergab legitim berücksichtigt werden, aber der Übersichtlichkeit halber ... nicht :)).

 

Aber jetzt: Ciao belli - und einen großen Dank an Bernd, Tina und Steffi, die das für uns alle eingefädelt und mehr haben!

... noch ganz schnell eines meiner Lieblingsphotos, stellvertretend für die Macher der Zugspitz-DTs 2015 + 2016 + ..., Kasimir-Bernd, Tina und Steffi - irgendwie geht es mit jetzt auch wie am Campingplatz in Grainau: Der Abschied der letzten Leutchens zog sich wie ein Strudel- teig, niemand wollte sich losreißen ;)